Tetracyclin

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Strukturformel
Strukturformel von Tetracyclin
Allgemeines
Freiname Tetracyclin
Andere Namen

(4S,4aS,5aS,6S,12aS)-4-(Dimethylamino)-3,6,10,12,12a-pentahydroxy-6-methyl-1,11-dioxo-1,4,4a,5,5a,6,11,12a-octahydrotetracen-2-carbamid (IUPAC)

Summenformel C22H24N2O8
Kurzbeschreibung

gelber Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-481-9
ECHA-InfoCard 100.000.438
PubChem 5353990
ChemSpider 10257122
DrugBank DB00759
Wikidata Q193045
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antibiotikum

Eigenschaften
Molare Masse 444,44 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

172 °C[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze[1]
Toxikologische Daten

678 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Tetracyclin oder Tetrazyklin ist ein Antibiotikum und zählt zur Gruppe der Tetracycline. Tetracyclin ist ein Breitbandantibiotikum, welches von Streptomyceten (Streptomyces aureofaciens) produziert wird und gegen viele bakterielle Infektionen angewandt wird. Es wird häufig gegen Akne eingesetzt.

Synthese
Synthese

Tetracyclin kann aus Chlortetracyclin durch Hydrierung mit Palladium als Katalysator gewonnen werden.[4]

Wirkungsmechanismus

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Es verhindert die Anlagerung von Aminoacyl-tRNA an die rRNA in der 30S-Untereinheit des Bakterien-Ribosoms. Dadurch wird die Translation und letztlich die Proteinbiosynthese gestoppt.

Die Toxizität könnte auf eine Inaktivierung der 30S-Untereinheit von Ribosomen der in den eukaryotischen Wirtszellen vorhandenen Mitochondrien zurückzuführen sein.

Die Tetracycline sind eine große Familie von Antibiotika. Im Jahre 1948 entdeckte Benjamin Minge Duggar mit Chlortetracyclin das erste Tetracyclin.[5] Er konnte aus Streptomyces aureofaciens Chlortetracyclin (7-Chlor-TC, CTC) gewinnen. Weil die Agarkulturen von Streptomyces aureofaciens eine goldgelbe Farbe aufwiesen, nannte man das Medikament Aureomycin. Im Rahmen der Strukturaufklärung von Aureomycin und Terramycin wurde Tetracyclin 1952 erstmals beschrieben und 1953 wurden die ersten Therapieresultate damit publiziert. Die ersten Handelsnamen von Tetracyclin waren Achromycin (von Lederle), Hostacyclin (von Hoechst), Tetracyclin (von Bayer) und Tetracyn (von Pfizer).[6] Oxytetracyclin (5-Hydroxy-TC, OTC) wurde von Alexander Finlay in der Forschungsabteilung von Pfizer in Extrakten von Streptomyces rimosus entdeckt. Weil Streptomyces rimosus in Terre Haute, IN, USA isoliert wurde, bekam OTC den Handelsnamen Terramycin.[7] Durch Dechlorierung von Aureomycin konnte Lloyd Hillyard Conover Tetracyclin gewinnen. Das Patent für Tetracyclin wurde im Jahre 1955 genehmigt.[8]

In den 1990er-Jahren wurde Tetracyclin in nubischen Mumien entdeckt. Man vermutet, dass das damals gebraute Bier eine Quelle für Tetracyclin gewesen sein könnte.[9]

Tetracyclin wirkt auf viele gramnegative und grampositive Bakterien bakteriostatisch. Wie alle Tetracycline hemmt Tetracyclin die Proteinbiosynthese an den bakteriellen Ribosomen.

Therapeutische Verwendung

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Andere Anwendungen

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Da Tetracyclin im Knochen aufgenommen wird, wird es als ein Marker für Knochenwachstum in menschlichen Biopsien benutzt. Das Vorhandensein von Tetracyclin im Knochen wird durch Fluoreszenz festgestellt.[11] In Deutschland machte man sich diese Nachweismöglichkeit bis ins Jahr 1998 zunutze: Tollwut-Impfködern für Füchse beigefügtes und in Knochen der Tiere abgelagertes Tetracyclin ermöglichte es, Aussagen über die Aufnahme der Köder zu machen. In der Gentechnik setzt man Tetracyclin bei dem von Hermann Bujard entwickelten Tet-System zur Transkriptionsaktivierung bzw. -deaktivierung ein. Dadurch können Gene gezielt aktiviert und ihre Funktion untersucht werden.

Resistenzmechanismen

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Aus Fäkalien isolierte Bakterien sind zu über 80 % resistent gegen Tetracyclin.[12] Dies ist auf folgende Mechanismen zurückzuführen:

  • Verschiedene Resistenzplasmide codieren eine Tetracyclin-Effluxpumpe, die das Antibiotikum aktiv (d. h. unter ATP-Hydrolyse) aus der Zelle transportiert
  • Ribosome Protecting Proteins wie Tet(O) können Resistenzen bedingen, indem sie Tetracyclin aktiv (unter GTP-Hydrolyse) vom Ribosom entfernen.
  • Genomische Tetracyclin-Resistenzen kommen durch Mutationen im Wirkort des Antibiotikums, der 16S-rRNA zustande.

Pharmakokinetik

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Die orale Bioverfügbarkeit bei Vermeidung vorheriger Nahrungsaufnahme wird mit 60 bis 80 % angegeben. Tetracyclin wird vor allem von Aluminium, Eisen und Calcium durch Chelatbildung inaktiviert, daher ist eine Einnahme mit Antacida, Eisenpräparaten oder Milchprodukten zu vermeiden.

Die Plasmahalbwertszeit beträgt 8,5 Stunden, wobei die Exkretion vor allem über die Niere erfolgt, da mit der Galle ausgeschiedenes Tetracyclin zu einem Großteil aus dem Darm rückresorbiert wird, es dem Enterohepatischen Kreislauf unterliegt. Die Plasmaeiweißbindung beträgt 50 %.[13]

Nebenwirkungen und Kontraindikationen

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  • kann sich entwickelnde Zähne färben (auch bei Einnahme während der Schwangerschaft), siehe Tetracyclin-Zähne
  • phototoxisch, daher keine starke Sonnenbestrahlung unter Tetracyclin
  • ototoxisch
  • keine Einnahme während der Schwangerschaft
  • nicht für Kinder unter 8 Jahren
  • keine Einnahme bei Tetracyclinallergie
Tetracyclin-HCl: Ein gelbes, kristallines Pulver

Chemische Eigenschaften

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Tetracyclinhydrochlorid, ein gelbes, kristallines, hygroskopisches Pulver verfärbt sich durch direkten Kontakt zu Sonnenstrahlen und bei Lagerung an feuchter Luft braun.[13]

Dissoziation
Das Hydrochlorid kann in wässriger Lösung 3 Protonen abgeben. Die für die Gleichgewichtsreaktionen relevanten pKs-Werte sind 3,3; 7,7; 9,7. Eine 2%ige wässrige Lösung besitzt einen pH-Wert von ca. 2,2.[13]

Monopräparate: Actisite-Dental (A), Imex (D), Tefilin (D), sowie Generika

Kombinationspräparate
Tiermedizin

Cyclutrin, Tetrabiotic, Tetran, U-tab, Utroletten

Einzelnachweise

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  1. a b c Datenblatt Tetracycline bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. Oktober 2016 (PDF).
  2. a b c Eintrag zu Tetracycline in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  3. a b Eintrag zu Tetracycline. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
  4. Axel Kleemann, Jürgen Engel: Pharmazeutische Wirkstoffe: Synthesen, Patente, Anwendungen. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart, New York 1982, ISBN 3-13-558402-X, S. 864–865.
  5. Benjamin Minge Duggar: Aureomycin: A Product of the Continuing Search for New Antibiotics. In: Annals of the New York Academy of Sciences. Band 51, 1948, S. 177–181, doi:10.1111/j.1749-6632.1948.tb27262.x, PMID 18112227.
  6. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 50.
  7. Mark L Nelson, Stuart B Levy: The history of the tetracyclines. In: Annals of the New York Academy of Sciences. Band 1241, Dezember 2011, S. 17–32, doi:10.1111/j.1749-6632.2011.06354.x, PMID 22191524.
  8. Patent US2699054.
  9. Take Two Beers and Call Me in 1,600 Years - use of tetracycline by Nubians and Ancient Egyptians (Memento vom 29. Mai 2012 im Webarchiv archive.today)
  10. S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobielle Therapie und Management von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbenen tiefen Atemwegsinfektionen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. In: AWMF online (Stand Juli 2009)
  11. Cathy Mayton: Tetracycline labeling of bone.
  12. Michael T. Madigan, John M. Martinko, Kelly Bender: Brock Biology of Microorganisms.
  13. a b c Arzneibuch Kommentar. Gesamtwerk einschließlich 36. Aktualisierungslieferung 2010, ISBN 978-3-8047-2461-7.