St. Nikolaus (Kleinkötz)

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St. Nikolaus in Kleinkötz

St. Nikolaus ist eine dem heiligen Nikolaus von Myra geweihte katholische Pfarrkirche[1] in Kleinkötz, einem Ortsteil der Gemeinde Kötz im bayerischen Landkreis Günzburg. Sie gehört zum Dekanat Günzburg im Bistum Augsburg.

Das Kirchengebäude steht auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel, welcher einst den Ortsfriedhof beherbergte. Die Kirche ist von Norden her über eine behindertengerechte Rampe oder von Süden her über eine Freitreppe, welche auf das örtliche Kriegerdenkmal zuführt, erreichbar. Der Eingang befindet sich auf der Südwestseite.

Ausschnitt aus einer Nachzeichnung der Rauch'schen Karte von 1613, Staatsarchiv Augsburg
Ausschnitt der Territoriumskarte der Stadt Ulm aus dem Jahr 1653. Kartograph Wolfgang Bachmeyer, gestochen von Stöltzlin.

Vermutlich gab es schon früh eine Pfarrei im Ort. Ein Widumhof (heute Schlossstraße 25), welcher sich seit Beginn der Aufzeichnungen im Besitz des Pfarrers von St. Martin in Günzburg befand, deutet hierauf hin. Der Günzburger Pfarrer besaß von diesen Höfen über ein Dutzend in den Dörfern im Umkreis der Stadt. Die Forschung deutet den Umstand dergestalt, als dass in einer Notzeit die vakanten Pfarrhöfe nach Günzburg inkorporiert wurden, um sie vor dem Zugriff der Ortsherrschaft zu schützen. Der Hof wurde später nicht zur (Wieder-)Errichtung einer Pfarrei bzw. eines zugehörigen Pfarrhofs benutzt, sondern verblieb im Eigentum von Günzburg. Der neue Pfarrhof wurde auf dem heutigen Platz vor der Kirche errichtet (Abbruch um 1970).

Schriftlich nachweisbar ist die Stiftung einer „ewigen Messe“ durch die damaligen Ortsherren, die Ulmer Patrizierfamilie Günzburger, im Jahre 1463. Der Kaplan hatte fünfmal in der Woche die Messe zu lesen.

Ein vermutlich spätgotischer Vorgängerbau bestand an Ort und Stelle. Der Turm war vermutlich mit einem Satteldach, ähnlich wie heute noch die benachbarte Bubesheimer Kirche eines trägt, ausgestattet. Dieses Bauwerk ist 1653 auf einer Karte des Ulmer Stadtmalers Johann Stöltzlin abgebildet, ebenso auf der sog. „Burgauer Landtafel“ von 1613 des Kartographen Johann Andreas Rauch. 1692 wird der Bau in den Akten des Bistums Augsburg als „ruinös und einer starckhen Reparatur bedürfftig“ bezeichnet.

1692 bis 1711 wurde daraufhin der alte Bau vollständig abgetragen und vom Fundament auf eine neue Kirche im Stil der Auer Zunft – auch als Vorarlberger Barock bekannt – von dem Baumeister Valerian Brenner errichtet. Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. Mai 1692. Infolge des Spanischen Erbfolgekriegs und daraus resultierenden Material- und Geldmangels verzögerte sich die Fertigstellung. Derweil wurde der Bauherr der Kirche und Inhaber der Ortsherrschaft, Franz Ignaz v. Holzapfel, von den Bayern als Geisel in München festgehalten, nachdem man ihn, der Statthalter des Königs von Spanien in Apulien und Kalabrien war, für ein wertvolles Faustpfand hielt. Die Weihe der neuen Kirche erfolgte am 24. Oktober 1711 durch den Weihbischof Johann Kasimir Röls.

1972 wurde die Kirche umfassend renoviert und erhielt eine markante Außenfarbgebung in weiß-grau-ocker. In den Jahren 2006 bis 2012 erfolgte bis dato die jüngste Renovierung; dabei erhielt diese ihre entstehungszeitlich-originale Farbigkeit, wie sie ein restauratorischer Befund an vorhandenen Farbpartikelresten aus der Bauzeit feststellte, zurück.

Innenansicht

Den Betrachter empfängt ein heller, lichtdurchfluteter Saal, gegliedert durch Wandpfeiler in toskanischer Ordnung. Die Farbigkeit wird von weiß, gold und blau dominiert. Das tonnengewölbte Langhaus zieren Deckenbilder aus der Entstehungszeit der Kirche, auf denen Cherubim und Serafinen in Wolkenrondellen die Monogramme von Jesus, Maria und Josef umgeben.

Die Altäre stammen ebenfalls, wenn auch immer wieder verändert und farblich umgestaltet, aus der Entstehungszeit der Kirche. Leider ist die wertvolle ursprüngliche Fassung der Altäre in Lapislazuli nicht erhalten – sie wurde 1972 frei rekonstruiert.

Im Hochaltar, einem Altare Privilegiatum, findet sich eine Kreuzigungsgruppe aus der Zeit um 1700, das Kreuz eingebettet in ein Gemälde mit der Darstellung Jerusalems. Links und rechts die meisterlich gearbeiteten Figuren von Maria und Johannes. Oben im Altar das Gemälde des Kirchenpatrons, des heiligen Nikolaus von Myra, gemalt 1839 vom Nazarener Florian Kurringer.

Im Chor finden sich linkerhand ein spätgotisches Kruzifix (um 1490), ein Totentanz (mittleres bis späteres 18. Jahrhundert) sowie zwei Grabmäler der Familie v. Holzapfel. Rechts in der Oratorienbrüstung eine spätnazarenische Madonna (um 1900) sowie ein Bildwerk des heiligen Antonius von Padua (barock, 18. Jh.).

Totentanz

Ebenfalls aus der Entstehungszeit datieren die der Familie Jesu gewidmeten Seitenaltäre. Links über Reliquienschreinen Maria mit dem Jesuskind (um 1480) – das Gnadenbild der Skapulierbruderschaft – darunter die armen Seelen im Fegefeuer. Oben im Altar der heilige Joachim. Im rechten Seitenaltar über Reliquienkästchen die künstlerisch herausragende Heilige Familie in kaschierten Gewändern (Augsburg, um 1773, vermutlich von Placidus und Ignatz Verhelst). Oben die heilige Anna.

Die bauzeitliche Kanzel wird gekrönt durch den Salvator mundi, welcher der gleichen Werkstatt zu entstammen scheint wie die Kreuzigungsgruppe im Hochaltar. Im Korb die Statuetten der vier Evangelisten mit ihren vielgestaltigen Faltenflüssen und den typischen Attributen. Unter der Kanzeltreppe die Figur des heiligen Sebastian (Anfang 18. Jh.).

Auf der linken Seite der Langhauswand finden sich Statuen der besonders vom Landvolk verehrten Heiligen Vitus im Kessel und Wendelin mit den Schafen (beide um 1770) sowie der Leonhard in Mönchstracht und der Josef mit der Lilie (beide Anfang des 18. Jhs.). Rechts im Langhaus schirmt Johannes Nepomuk als Wahrer des Beichtgeheimnisses die Kanzel, daneben wacht als Helfer gegen alle Krankheiten Kajetan von Thiene (beide um 1720/1730).

Empore mit Orgelprospekt

Eine Besonderheit, welche fast nur im Bistum Augsburg gelegentlich aufzufinden ist, weist der barocke Kreuzweg auf: er umfasst 15 Stationen, die letzte bildet die Kreuzauffindung durch die heilige Kaiserin Helena.

Die Wangen des Laiengestühls entstammen z. T. auch noch der Zeit um 1700 bzw. wurden nach altem Vorbild ergänzt. Der Beichtstuhl wurde im Zuge der letzten Renovierung neu eingefügt, der Schnitzaufsatz ist original. Der in barocker Manier gestaltete Taufstein datiert aus dem 20. Jh.

Die Orgel befindet sich über dem Eingangsbereich im oberen Geschoss der zweigeschossigen Empore. Josef Zeilhuber aus Altstädten baute in den Jahren 1937/1938 die heutige Orgel, den Prospekt hierzu entwarf der Münchner Bildhauer Hans Miller.

Unter dem Kirchenbau befindet sich eine heute nicht mehr zugängliche Gruft der Familie v. Holzapfel.

Kriegerdenkmal

Außen, an der Ostseite des Chors, findet sich in kleinem Häuschen ein Kerkerheiland, daneben das Missionskreuz. Auf dem Vorplatz wacht Christophorus (geschaffen 2011) über die parkenden und fahrenden Besucher.

Auf der Südseite des Kirchengebäudes befindet sich am Ende des Treppenaufgangs ein Kriegerdenkmal, das an die Toten des Ortes in zwei Kriegen erinnern soll. Der Toten des Deutsch-Französischen Kriegs gedenkt eine derzeit nicht öffentlich ausgestellte Holztafel.

Bei der örtlichen Überlieferung, es gäbe einen geheimen unterirdischen Gang vom Schloss Kleinkötz zur Kirche, dürfte es sich um eine Wandersage handeln - vielleicht deutet die Erzählung aber auch auf die Existenz eines bisher unentdeckten Erdstalls hin.

Skapulierbruderschaft

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Gnadenbild, unten die armen Seelen mit dem Skapulier

Eine Skapulierbruderschaft „Unserer lieben Frau vom Berge Karmel“ ist schriftlich seit 1661 nachweisbar. Diese besaß früher mit mehreren Tausend Mitgliedern Bedeutung weiter über das Dorf hinaus. Das Fest wird noch heute um den 16. Juli herum begangen. Der linke Seitenaltar enthält als Hinweis auf die Bruderschaft in dem Kerker unter der Madonna „Arme Seelen“, welche das „kleine Skapulier“ tragen.

Liste der Pfarrer

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Jahr Name Bemerkungen
1463 Stiftung einer ewigen Messe durch die Ulmer Familie Günzburger
1550 Stiftung der Pfarrei
1565–1570 Martin Aumiller geb. in Rieden an der Kötz
1570 - Peter Kölli aus der Diözese Konstanz gebürtig
unbek.-1593 Jakob Walter geb. in Wettenhausen
1593–1595 Leonhard Steinbrecher geb. in Mindelheim
1595–1596 Caspar Rauch
1596–1598 Paulus Pfeiffer
1598–1600 Christophorus Gößwein
1600 Johann Deininger
1601 Johann Hartinger
unbek.-1605 Johannes Miller/Molitor gestorben in Kleinkötz, Grabstein in der Kirche
1613–1618 Johann Stechelin
1618–1619 Sebastian Ascher
1619–1621 Johannes Hacker geb. in Dillishausen
1621–1622 Georg Ziegler
1622 - unbek. Peter Neubrand geb. in Emerkingen
In den späteren Phasen des Dreißigjährigen Kriegs und den Folgejahren wurde nur sporadisch von benachbarten Geistlichen die Seelsorge in Kleinkötz verrichtet. Bei einer Gesamtzahl von ca. 130 Einwohnern vor dem Krieg starben im Jahr 1633 28 Personen, 1634 waren es 59. 1635 brannte der Ort vollständig nieder. 1635 bis 1639 waren keine Taufen zu verzeichnen, 1636 bis 1644 mit einer Ausnahme keine Beerdigungen.
1663–1664 Silvester Huber aus Meran, kam mit Einwanderern aus Südtirol ins Dorf
1665–1666 Blasius Tachel
1666–1674 Peter Faber
1674–1680 Joannes Jacob Veit
1680 N. Beißer war nur 7 Tage in Kleinkötz
1680–1687 Martin Forster
1687 Michael Bschorn
1687 Joannes Hampp
1687–1693 Joh. Michael Hörig
1693 Sebastian Hermann
1693–1712 Mathias Prigl in Kleinkötz gestorben
1712–1717 Franciscus Eberle geb. in Pfersee, in Kleinkötz gestorben, Grabstein in der Kirche
1717–1767 Franciscus Josephus Kolb in Kleinkötz gestorben
1767–1805 Franz Joseph Anton Kreuzer geb. in Warmisried, zuerst Vikar, ab 1775 Pfarrer, hat viele Berichte zum Leben der einfachen Leute in den Kirchenbüchern verfasst
1813–1833 Philipp Jos. Reitmair geb. in Gablingen, gestorben in Kleinkötz
1834–1838 Anton Kerner geb. in Deffingen
1838–1845 Joseph Ant. Baumeister geb. in Günzburg
1845–1848 Andreas Kratzer geb. in Günzburg
1848–1852 Carl Joh. Mevius geb. in Äpfingen
1852–1855 Max. Hurt geboren in Mindelheim
1856–1864 Matthäus Schuster geb. in Kadeltshofen
1864–1873 Georg Baader geb. in Ottobeuren
1880–1882 Michael Dauner geb. in Kemnat (Burtenbach)
1882–1884 Xaver Fischer geb. in Seeg
1889–1899 Jacob Steigenberger geb. in Bühl (Bibertal)
1899–1902 Anton Berchtenbreiter geb. in Wortelstetten
1904–1914 Johann Georg Wegmann geb. in Memmingen
1914–1922 Otto Halder geb. in Kirchheim in Schwaben
1922–1933 Franz Jos. Deubele geb. in Kranzegg
1933–1947 Moritz Wegler geb. in Edelshausen
1947–1957 Ludwig Mayer gleichzeitig Pfarrer in Deffingen
1957–1973 Herbert Schild gleichzeitig Pfarrer in Deffingen
1973–2003 Oskar Schneider geb. in Ravensburg, gleichzeitig Pfarrer in Großkötz
2003–2014 Pater Abraham Prasad, OIC geb. in Kerala, Indien, beheimat im Kloster „Bethany Ashram“ in Aluva, gleichzeitig Pfarrer in Großkötz
2014 - Johannes Rauch gleichzeitig Pfarrer in Großkötz, Bubesheim, Leipheim, Bühl, Echlishausen und Kissendorf

Die Kirche St. Nikolaus ist in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege als Baudenkmal mit dem Aktenzeichen D-7-74-148-10 enthalten.

  • Bernt von Hagen, Angelika Wegener-Hüssen: Landkreis Günzburg (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band VII.91/1). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-589-6.
  • Katholische Kirchenstiftung St. Nikolaus, Kleinkötz (Hrsg.): 300 Jahre St. Nikolaus in Kleinkötz. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2013, ISBN 978-3-89870-833-3.
  • Ingo Gabor: Der Vorarlberger Barockbaumeister Valerian Brenner (1652–1715) – Leben und Werk. AV-Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-925274-90-1
  • Bruno Merk und Gemeinde Kötz (Hrsg.): Chronik der Gemeinde Kötz. Gemeinde Kötz im Eigenverlag, München 1997.
  • Josef Weizenegger: Festschrift zum Abschluss der Renovierung 1972.
Commons: St. Nikolaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bistum Augsburg

Koordinaten: 48° 24′ 44,4″ N, 10° 17′ 41,8″ O