Johann Georg Neßtfell
Johann Georg Neßtfell; auch Nespel (* 6. April 1694 in Alsfeld; † 14. August 1762 in Würzburg) war ein deutscher Ebenist und Mechanikus.
Lehre und erste Anstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Sohn eines Schwarzgerbers, Krämers und Schreiners ging in der Werkstatt seines Großvaters als Schreiner in die Lehre. 1713 wurde er als Geselle freigesprochen, konnte danach aber (wohl aus finanziellen Gründen) den Meisterstatus nicht erlangen. So konnte er sich lediglich bei fürstlichen und kirchlichen Auftraggebern bewerben, die Handwerker außerzünftig mit Aufträgen betrauten.
1717 trat er in die Dienste der Grafen von Schönborn, für die er zunächst zahlreiche Aufträge auf Schloss Wiesentheid ausführte, wo er auch Gehilfe von Balthasar Neumann war. Weiter stattete er mehrere Klosterbibliotheken aus, so in Münsterschwarzach, Kloster Banz sowie St. Stephan in Würzburg. Diese Arbeiten sind jedoch zum großen Teil zumeist nicht mehr erhalten. Außerdem verdingte er sich als Feldvermesser und Risszeichner für Rudolf Franz Erwein Graf von Schönborn.
Bau von Planetenmaschinen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während seiner Tätigkeit in Banz begann Neßtfell autodidaktisch mit astronomischen Studien und dem Bau von Planetenmaschinen aus Holz. 1745 zeigte er anlässlich der Krönung von Kaiser Franz I. in Frankfurt am Main ein solches hölzernes himmelsmechanisches Modell, das die Planetenbewegungen nach dem kopernikanischen System veranschaulichte und erregte damit das Interesse des Kaisers.
Neßtfell erhielt darauf von Kaiserin Maria Theresia den Auftrag, eine solche Maschine in Messing zu bauen, wobei er bei der Berechnung der notwendigen astronomischen Daten von Johann Ludwig Fricker unterstützt wurde, der von ihm als Gehilfe angestellt worden war.
1753 reisten Neßtfell und Fricker an den Hof in Wien, um die Maschine abzuliefern. Dort befindet sie sich heute im Naturhistorischen Museum. Neßtfell erhielt für seine Leistung den Titel eines kaiserlichen Hofmechanikus und ein jährliches Gnadengehalt. In dieser Zeit erschien eine anonym veröffentlichte Schrift mit einer Beschreibung der Maschine. Wahrscheinlich war Neßtfell an der Abfassung der Schrift, die sich heute in der österreichischen Nationalbibliothek befindet, beteiligt.
Im Auftrag des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim fertigte Neßtfell in den Jahren 1759 bis 1760 eine weitere Planetenmaschine, die später in das Physikalische Kabinett der Universität zu Würzburg überging und von dort 1877 vom Bayerischen Nationalmuseum gekauft wurde, wo sie sich noch heute befindet. Diese Maschine hat Johann Peter Wagner durch metallenen Figurenschmuck mit einer szenischen Darstellung des Ptolemäischen Systems erweitert. Eine 1750 in Würzburg gedruckte Schrift enthält eine ausführliche Beschreibung der Maschine, ebenso die 1772 entstandene Handschrift des Würzburger Paters Fridericus a Santo Christophero. Beide Schriften befinden sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek München.
Arbeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bartholomäuskirche in Volkach: Der Hochaltar wurde von Johann Georg Neßtfell geschaffen.
- St. Mauritius in Wiesentheid: Der kunstvollen Tabernakel auf dem Hochaltar mit Türen, die die Offenbarung des Johannes zeigen sowie andere hochwertige Einlegearbeiten, dazu Seitenaltäre, Oratorien, Beichtstühle, Orgelgehäuse und Kanzel sind Werke Neßtfells. Auch wurde die Kalvarienberggruppe zwischen Kirche und Pfarrhaus von Neßtfell gestiftet und von Lukas van der Auvera 1766 ausgeführt.
- Kreuzkapelle in Wiesentheid: Neßtfell schuf hier das Kruzifix in der Rotunde.
- Heiligste Dreifaltigkeitskirche Gaibach: Der Kanzelkorpus stammt mutmaßlich von Johann Georg Neßtfell.
- Sternwarte Würzburg: Bau von zwei Mauerquadranten.
- Kloster Banz: Das Chorgestühl mit reichen Intarsienfeldern.
- Neumann-Basilika Münsterschwarzach: Kanzel
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kurzgefasste, doch gründliche Beschreibung der von mir, Johann Georg Nesstfell, erfunden- und verfertigten Accuraten copernicanischen Planetenmachine: Nebst einer Erklärung des vielfältigen Gebrauches und Nutzens derselben in der Astronomie, Geographie und Chronologie. Veröffentlicht von Gedruckt bey G.A. Gertner, 1761, 67 Seiten
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Weiskern, Friedrich Wilhelm: Topographie von Niederösterreich, in welcher alle Städte, Märkte, Dörfer, Klöster, Schlößer, Herrschaften, Landgüter, Edelsitze, Freyhöfe, namhafte Örter u. d. g. angezeigt werden, welche in diesem Erzherzogthume wirklich angetroffen werden, oder sich ehemals darinnen befunden haben. 2 Bd. 418 S / 327 S. Wien: J. Kurzböcken. 1768 / 1770 (darin längerer Absatz zu Neßtfell und seine Planetenmaschine).
- Hess, Wilhelm: Johann Georg Nesstfell. Ein Beitrag zur Geschichte des Kunsthandwerks und der Physikalischen Technik des XVIII. Jahrhunderts in den ehemaligen Hochstiften Würzburg und Bamberg. 106 S. Straßburg, Heitz. 1908.
- Zinner, Ernst: Deutsche und niederländische astronomische Instrumente des 11. – 18. Jahrhunderts. 80 S. 2. Auflage München, Beck 2. 1967.
- Henck, Herbert: Planetenmaschinen. Eine Bestandsaufnahme der Schriften zu vier fränkischen Planetenmaschinen des 18. Jahrhunderts aus dem Kreis um Johann Georg Neßtfell unter besonderer Berücksichtigung der Beiträge von Johann Ludwig Fricker und Johann Zick Mit einer Bibliographie zu Johann Georg Neßtfell. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte, 79:62-139. Stuttgart 1980.
- Schneider, Erich: Die barocke Benediktinerabteikirche Münsterschwarzach. Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte Reihe 8.267 S. Neustadt/Aisch: Degener. ISBN 3-7686-9077-6. Zugl. Dissertation Universität Würzburg 1983.
- Seelig, Lorenz (red.): Die Würzburger Planetenmaschine Johann Georg Neßtfells 1755–1761, ein Meisterwerk des wissenschaftlichen Uhrenbaus. Studioausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München, 19. Oktober 1988 bis 8. Januar 1989. 16 S. zahlr. Ill. Passau 1988.
- Weis, Michael: Johann Georg Nesstfell: Hofschreiner des Grafen Rudolf Franz Erwein von Schönborn; die schreinerische Ausstattung des Wiesentheider Schlosses in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Mainfränkische Studien 55: 191 S. Schweinfurt: Historischer Verein 1994. Zugl.: Dissertation Universität Heidelberg 1992
- Fuchs, Anja: Das Mönchschorgestühl von Johann Georg Neßtfell in der ehem. Benediktinerklosterkirche Banz. Diplomarbeit Technische Universität München 2004.
- Sigrid Sangl: Neßtfell, Johann Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 77 f. (Digitalisat).
- Günter Dippold: Johann Georg Neßtfell und das Kloster Banz. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst. Band 74, 2022, S. 9–29.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Johann Georg Neßtfell im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- „Spiegelkabinett“ aus Schloss Wiesentheid (Vertäfelung); Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin
- Würzburger Mathematikgeschichte: Lehrbücher und Instrumente; Institut für Mathematik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
- Planetenmaschine; Naturhistorisches Museum Wien
- Mechanisches Planetarium; Bayerisches Nationalmuseum
Personendaten | |
---|---|
NAME | Neßtfell, Johann Georg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Ebenist und Mechanikus |
GEBURTSDATUM | 6. April 1694 |
GEBURTSORT | Alsfeld |
STERBEDATUM | 14. August 1762 |
STERBEORT | Würzburg |