Heiligen-Geist-Hospital (Lübeck)

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Heiligen-Geist-Hospital in Lübeck

Das im Jahr 1286 vollendete Heiligen-Geist-Hospital am Koberg in Lübeck ist eine der ältesten bestehenden Sozialeinrichtungen der Welt und eines der bedeutendsten Bauwerke der Stadt. Es steht in der Tradition der Heilig-Geist-Spitäler nach dem Vorbild von Santo Spirito in Sassia in Rom. Betreut wurden die Spitäler von den Brüdern vom Orden des Heiligen Geistes.

Das Heiligen-Geist-Hospital wurde 1227 als Stiftung gegründet und stellt die bedeutendste nordeuropäische Stiftung mittelalterlicher Wohlfahrtspflege dar.[1] Nachdem der Kaufmann Bertram Morneweg aus Riga, wo er Handel getrieben haben soll, nach Lübeck zurückgekehrt war, war er neben anderen reichen Kaufleuten einer der Mitbegründer und erster Vorsteher des Heiligen-Geist-Hospitals, das im Stil der Backsteingotik errichtet wurde. Ein Hauptmotiv der gotischen Teile des Rathauses ist die Gliederung durch schlanke Türmchen und kehrt beim Heiligen-Geist-Hospital wieder. Sie lassen sich weder besteigen, noch sich sonst praktisch nutzen und sind aus künstlerischen Gründen dort. Zusammen mit dem Zickzack der Dachgiebel dienen sie als gotisches Stilsymbol. Der „störende“ Dachreiter auf dem Mittelgiebel ist eine Zufügung späterer Zeit. Dem Hospital gehörten in und um Lübeck herum viele Ländereien, deren Einkünfte ausreichten, um die Armen und Kranken zu versorgen und andere Einrichtungen zu unterstützen. Dazu gehörten bis nach dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 auch die Hospitaldörfer in Mecklenburg wie Warnkenhagen (Ortsteil von Kalkhorst); Alt Bukow und Krumbrook bei Hohen Schönberg (Ortsteil von Kalkhorst) sowie ein Teil der Insel Poel: Brandenhusen, Neuhof, Seedorf, Wangern, Weitendorf. In Holstein gehörten dem Hospital unter anderem die Dörfer Böbs und Schwochel.

Im Jahr 1935 kam es im Vorfeld der erwarteten territorialen Neugliederung (Groß-Hamburg-Gesetz) und der damit verbundenen Gefährdung der Lübecker Exklaven zu einem Gütertausch: Die Stadt erhielt die bisher dem Hospital gehörenden, innerhalb der Stadtgrenzen liegenden Güter Mönkhof und Falkenhusen, und die Stiftung Heiligen-Geist-Hospital erhielt im Gegenzug die Güter Behlendorf (259 ha), Albsfelde (123 ha) und den Behlendorfer See (70 ha).[2] Auch der Krumbecker Hof (180 ha), heute Ortsteil von Stockelsdorf, gehört der Stiftung. Im Jahr 1986 beschloss die Lübecker Bürgerschaft, dass die Güter der Stiftung nur noch nach den Grundsätzen des Ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden sollen.[3]

Die Bewohner des Hospitals waren einer klosterähnlichen Regel unterworfen, doch erhielten sie Nahrungsmittel und seit dem 17. Jahrhundert acht Mal im Jahr ein warmes Bad.

Gang im Hospital, links wie rechts die Kabäuschen

Während der Reformationszeit wurde das Hospital in ein „weltliches“ Altenheim umgewandelt, das bis heute erhalten blieb. Ursprünglich standen die Betten der Hospitalbewohner in der Halle. Im 18. Jahrhundert dienten der erste und zweite Stock als Hospital. 1820 wurden vier Quadratmeter große, hölzerne Kammern gebaut, getrennt nach Geschlechtern. Die Abteilungen sind nach oben offen. Es gibt zwei Längsgänge zwischen den Reihen der aneinander gebauten Kammern.[4] Es gab zusätzlich eine kleine Bücherei und Apotheke. An den Türen der Kammern kann man noch heute Namen und Nummern der damaligen Bewohner sehen. Bis 1970 waren die Kammern bewohnt.

Das Heiligen-Geist-Hospital ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und wird treuhänderisch von der Hansestadt Lübeck verwaltet.[5] Die Stiftung erwarb 2007 Teile der früheren Gertrudenherberge zurück, um diese als Denkmal zu sichern.

Auch heute noch ist das Heiligen-Geist-Hospital in Teilen ein Alten- und Pflegeheim, an der Südseite werden historische Räume auch als Gastronomie genutzt. Dort führt auch der Weg in die Bürgergärten hinter der Königstraße bis zur Gartenseite des Museums Behnhaus. Dem Altenheim drohte im Jahr 2023 die endgültige Schließung[6], die aber abgewendet werden konnte.[7]

Das Heiligen-Geist-Hospital kann ganzjährig besichtigt werden.

Weihnachtsmarkt

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An elf Tagen in der Adventszeit, Ende November/Anfang Dezember, veranstaltet die Lübecker Gruppe des Verbands Frau und Kultur seit 1958 jährlich einen Weihnachtsmarkt, vor allem mit Kunsthandwerk. Die 150 Kunsthandwerker kommen aus Deutschland, Skandinavien, den baltischen Ländern, Israel und Peru. Die Verkaufsstände befinden sich in der Vorhalle der ehemaligen Kirche, in den Kabäuschen der Kirche und im Gewölbe unter der Kirche. In der Vorhalle werden Choräle der Weihnachtszeit auf Trompeten gespielt. Nach einer Woche machen rund 30 der Aussteller neuen Kunsthandwerkern Platz. Der Markt hat eine überregionale Ausstrahlung und erreicht eine Zahl von über 50.000 Besuchern.[8][9][10] Den 50. Weihnachtsmarkt musste der Verband Frau und Kultur 2017 wegen maroder Dachbalken des Langhauses absagen.[11] Der Weihnachtsmarkt 2020 musste wegen der Corona-Pandemie ebenfalls abgesagt werden.

Dreischiffige Hallenkirche

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Querhalle mit Lettner
  • Der Altar Gottvater mit dem toten Sohn (1513–1520) wird Benedikt Dreyer zugeschrieben.
  • An der Brüstung des Lettners befindet sich auf 23 Tafeln eine der umfangreichsten Darstellungen der Elisabeth-Legende. Die Darstellung des unbekannten westfälischen Künstlers aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts orientiert sich an der Überlieferung des Dominikaners Dietrich von Apolda. Daher fehlt die später hinzugekommene Legende des Rosenwunders in diesem Zyklus.
  • Eine von Dietrich Strahlborn 1745 gegossene Glocke befindet sich in der Glockensammlung der Katharinenkirche.[12]

Raumbestimmend in der Kirchenhalle sind die beiden großformatigen mittelalterlichen Wandgemälde an der Nordseite, die auf ca. 1320–1325 datiert werden. Das westliche Bogenfeld zeigt eine komplexe typologische Szene: den salomonischen Thron. Über dem von zwölf Löwen umgebenen Thron, auf dem König Salomo mit seiner Frau und seiner Mutter sitzt, erhebt sich ein weiterer Thron mit Christus und seiner Mutter Maria, umgeben von Engeln. Christus lässt seine gekrönte Mutter als Königin des Himmels bzw. der Engel an seiner Herrschaft teilhaben und übergibt ihr ein Lilienzepter.

Die Malerei im östlichen Wandfeld zeigt eine Maiestas Domini, den erhöhten Christus umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten und kreisförmigen Bildern der Gründer des Hospitals.

Nach jahrhundertelanger Übermalung wurden die Wandmalereien 1866 wiederentdeckt und durch den Maler Christian Stolle nach damaligen Wissensstand mit Ölfarben restauriert, was zu weiteren Schädigungen führte. Aufgrund einer falschen Interpretation der sich noch unter der Malerei befindlichen Rötelung der Wand entfernte Stolle beim salomonischen Thron den ursprünglich blauen Hintergrund und übermalte ihn rot. Weitere Restaurierungen wurden 1939/40 und 1979–1984 durchgeführt. Da der Zerfall der Wandmalerei jedoch fortschritt, erfolgte von 1990 bis 1995 eine eingehende Untersuchung im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT).[13] Bis zum Jahr 1999 wurden beide Malereien nach den dabei gewonnenen Erkenntnissen konserviert.

Für das Heiligen-Geist-Hospital sind zwölf mittelalterliche Grabplatten überliefert, von denen noch acht erhalten sind. Die restlichen sind definitiv abgängig.[14]

Allgemeines, Archäologie und Architektur

  • Georg Wilhelm Dittmer: Das heil. Geist Hospital und der St. Clemens Kaland zu Lübeck, nach ihren früheren und jetzigen Verhältnisse, aus den Urkunden und Acten beider Stiftungen. Lübeck 1838 (Digitalisat).
  • Friedrich Techen: Die Grabsteine der lübeckischen Kirchen. Rahtgens, Lübeck 1898, S. 140–143 (Digitalisat).
  • Gustav Schaumann: Das Heiligen-Geist-Hospital. In: Fritz Hirsch (Bearb.): Petrikirche, Marienkirche, Heil.-Geist-Hospital (= Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Band 2). Nöhring, Lübeck 1906, S. 451–493.
  • Wilhelm Plessing: Das Heilige Geist Hospital in Lübeck im 17. und 18. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte seiner Verfassung, Verwaltung und Einrichtung. Schmidt, Lübeck 1914 (Digitalisat).
  • Bernhard Schlippe: Das Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Eine baugeschichtliche Betrachtung mittelalterlichen Hospitalwesens. In: Der Wagen (1963), S. 23–30.
  • Wolfgang Teuchert: Überlegungen zur Baugeschichte des Heilig-Geist-Hospitals in Lübeck. In: Nordelbingen 40 (1971), S. 22–37.
  • Peter Guttkuhn: Gertrud Mornewech stiftet eine Vikarie. In: Vaterstädtische Blätter (1977), S. 92–93.
  • Manfred Neugebauer: Neue baugeschichtliche Ergebnisse und Fragestellungen zum Heiligen-Geist-Hospital in Lübeck. In: Die Heimat 85 (1978), S. 350–353.
  • Manfred Neugebauer, Dieter Eckstein: Das Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck als Beispiel für baukonstruktiv-dendrochronologische Untersuchungen und ihre Problematik. In: Der Wagen (1980), S. 79–94.
  • Annaluise Höppner: Das Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Weiland, Lübeck 1990.
  • Harald Schulz: Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Heilig-Geist-Hospitals zu Lübeck. Dissertation Georg-August-Universität Göttingen 1993.
  • Karl Bernhard Kruse: Die Baugeschichte des Heiligen-Geist-Hospitals zu Lübeck (= Lübecker Schriften zur Archäologie und Kulturgeschichte. Band 26). Habelt, Bonn 1997.
  • Stephan Alexander Lütgert: Archäologische Untersuchungen der Massenbestattungen am Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Auswertung der Befunde und Funde. In: Manfred Gläser (Hrsg.): Archäologische Untersuchungen auf dem Lübecker Stadthügel. Befunde und Funde (= Lübecker Schriften zur Archäologie und Kulturgeschichte. Band 26). Habelt, Bonn 2002, S. 139–243.
  • Annegret Möhlenkamp: Pilgerherberge des Lübecker Heiligen-Geist-Hospitals. In: Die Denkmalpflege 68 (2010), S. 76 f.

Ausstattung

  • Joachim Goege: Die Elisabeth-Legende im Heiligen-Geist-Hospital. In: Der Wagen (1954), S. 54–60.
  • Christiane Saumweber: Der spätgotische Elisabethzyklus im Lübecker Heiligen-Geist-Hospital. Studien zu Stil und Ikonographie. Dissertation Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel 1995.
  • Irmgard Hunecke: Die Farbe Rot. Erkenntnisse während der Restaurierung von Wandmalereien an der Nordwand der Kirche des Heiligen-Geist-Hospitals zu Lübeck. In: DenkMal! Zeitschrift für Denkmalpflege in Schleswig-Holstein 8 (2001), S. 70–76.
  • Uwe Albrecht (Hrsg.): Hansestadt Lübeck. Die Werke im Stadtgebiet (= Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band 2). Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-933598-76-9.
  • Lisanne Hasse: Das Allerheiligenretabel aus dem Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Magisterarbeit Universität Hamburg 2012.
Commons: Heiligen-Geist-Hospital – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Meinolfus Strätling, A. Schneeweiß, Peter Schmucker: Medizinische Universität zu Lübeck: Klinik für Anästhesiologie. In: Jürgen Schüttler (Hrsg.): 50 Jahre Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Tradition und Innovation. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2003, ISBN 3-540-00057-7, S. 479–486, hier S. 479.
  2. Hans Rathje Reimers: Lübecks territoriale Entwicklung – Teil 3. Die Exklave Behlendorf. In: Lübeckische Blätter 177 (2012), S. 128 f.
  3. Bodo Fabian: Der Krumbecker Hof – eine lübsche Geschichte. In: Lübeckische Blätter 184 (2019), S. 214f., (Digitalisat (Memento vom 11. Juli 2019 im Internet Archive)).
  4. Deutscher Verband Frau und Kultur e. V., Gruppe Lübeck: Weihnachtsmarkt im Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Faltblatt vom November 2010.
  5. Stiftungsverwaltung Lübeck (Memento vom 23. Januar 2015 im Internet Archive)
  6. Lübeck: Seniorenheim-Bewohner demonstrieren gegen Schließung. In: ndr.de. 14. November 2022, abgerufen am 16. November 2022.
  7. Helge von Schwartz: Gutachten: Lübecker HGH-Heim kann weiter betrieben werden. 29. September 2023, abgerufen am 31. Januar 2024.
  8. Informationen zum Weihnachtsmarkt, abgerufen am 20. Juli 2009
  9. Ab nach Lübeck. In: Hamburger Abendblatt. 30. Oktober 2010, Sonderbeilage Magazin, S. II.
  10. Kunst in den Kabäuschen. In: Lübecker Nachrichten. 27. November 2010, S. 13.
  11. Joseph von Zastrow: Die Kabäuschen bleiben zu. Weihnachtsmarkt fällt aus. In: Lübecker Nachrichten. 12. August 2017, S. 9.
  12. Inschrift mit Übersetzung bei Adolf Clasen: Verkannte Schätze. Lübecks lateinische Inschriften im Original und auf Deutsch. Lübeck 2003, ISBN 3-7950-0475-6, S. 184 ff.
  13. Das Kleinod ist wieder zurück- Wandmalerei in der Kirchenhalle des Heiligen-Geist-Hospitals restauriert (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Artikel in der Stadtzeitung Lübeck vom 15. September 1998, abgerufen am 20. Juli 2009
  14. Klaus Krüger: Corpus der mittelalterlichen Grabdenkmäler in Lübeck, Schleswig, Holstein und Lauenburg 1100–1600. Jan Thorbeke Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7995-5940-X, S. 740–748.

Koordinaten: 53° 52′ 17″ N, 10° 41′ 23″ O