Schweizer Parlamentswahlen 1931
Die Schweizer Parlamentswahlen 1931 fanden am 25. Oktober 1931 statt. Dabei waren alle 187 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 29. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1935.
Bei den Wahlen 1931 kam es zu einigen Änderungen gegenüber den bisherigen Wahlen. In der Volksabstimmung vom 15. März 1931 werden als wichtigste Änderungen mit 296'053 Ja zu 253'382 Nein neu eine vierjährige anstatt eine dreijährige Amtsperiode und ein Nationalratsmandat auf 22'000 statt 20'000 Einwohner beschlossen. Dadurch verringert sich die Anzahl Sitze im Nationalrat um 11 Sitze auf 187 Sitze.
Aufgrund der Verkleinerung verloren die vier grossen Parteien (SP, FDP, KVP und BGB) jeweils Mandate. Klarer Wahlverlierer war die FDP, die 6 ihrer bisher 58 Mandate verlor. Die Sozialdemokratie konnte ihren Wähleranteil dagegen erneut steigern und verlor nur einen einzigen Sitz.[1]
Im Kanton Schaffhausen traten zwei kommunistische Parteien an. Die moskautreue KPS verlor dabei ihren Sitz an die unabhängigen Kommunisten (Kommunistische Partei-Opposition). Mit der Ordre politique nationale und der Eidgenössischen Front traten erstmals Parteien der sogenannten Frontenbewegung auf nationaler Ebene an. Sie erhielten allerdings nicht genug Stimmen für einen Parlamentssitz.
Im Ständerat gewann die SP zwei Sitze und war wieder in der Kleinen Kammer vertreten. Die FDP büsste eines ihrer 20 Mandate ein und die Demokraten verloren ihren einzigen Sitz. Im Kanton Genf wurde der Vertreter der UDE nicht wiedergewählt.
Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1931 betrug 78,8 %, mit kantonalen Werten zwischen 25,1 % in Obwalden und 93,0 % in Schaffhausen.[2]
Wahlmodus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nationalrat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.
Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren
Ständerat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 25. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).
Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren
Resultate Nationalrat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anmerkungen zu den Wählerzahlen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte „Zusatzstimmen“ an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten „Wahlzettel ohne Parteibezeichnung“ – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).
Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. SP auf 247'946 Wähler gerundet). Ein Aargauer "Wähler" kann aber auch aus 12 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.
Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff "fiktiver Wähler" für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.
Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 48 vom 2. Dezember 1931 aufgelistet.[3]
Parteien, Wähler, Sitze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1931/Resultate Nationalratswahlen.
Partei | Wähler | % | (+/-) | Sitze | (+/-) |
---|---|---|---|---|---|
Sozialdemokratische Partei | 247'946 | 28,72 % | +1,36 % | 49 | −1 |
Freisinnig-Demokratische Partei | 232'562 | 26,94 % | −0,42 % | 52 | −6 |
Konservative Volkspartei | 184'602 | 21,38 % | −0,06 % | 44 | −2 |
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerparteien | 131'809 | 15,27 % | −0,51 % | 30 | −1 |
Liberale Partei der Schweiz | 24'573 | 2,85 % | −0,10 % | 6 | ±0 |
Kommunistische Partei der Schweiz | 12'778 | 1,48 % | −0,36 % | 2 | −1 |
Evangelische Volkspartei | 8'454 | 0,98 % | +0,28 % | 1 | ±0 |
Demokratische Partei | 8'372 | 0,97 % | −0,36 % | 2 | ±0 |
Kommunistische Partei-Opposition (SH) | 3'204 | 0,37 % | +0,37 % | 1 | +1 |
Ordre politique nationale (GE) 1 | 2'613 | 0,30 % | +0,30 % | 0 | ±0 |
Parti progressiste national (NE) | 2'354 | 0,27 % | −0,15 % | 0 | −1 |
Union de défense économique et d’action nationale (GE) 2 | 1'346 | 0,16 % | −0,20 % | 0 | −1 |
Eidgenössische Front (ZH) | 1'191 | 0,14 % | +0,14 % | 0 | ±0 |
Unabhängige Liste (AR) 3 | 1'071 | 0,12 % | +0,12 % | 0 | ±0 |
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen | 416 | 0,05 % | +0,05 % | 0 | ±0 |
Total | 863'291 | 100 % | 187 | -11 |
Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1931/Resultate Nationalratswahlen.
Kanton | SP | FDP | KVP | BGB | LPS | KPS | EVP | DP |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Aargau | 35,1 % | 19,7 % | 22,2 % | 22,2 % | 0,8 % | |||
Appenzell Ausserrhoden | 32,0 % | 56,7 % | ||||||
Basel-Landschaft | 37,4 % | 29,7 % | 12,4 % | 15,3 % | 5,1 % | |||
Basel-Stadt | 31,4 % | 15,1 % | 11,8 % | 10,5 % | 12,7 % | 15,1 % | 3,4 % | |
Bern | 33,7 % | 17,0 % | 5,8 % | 43,3 % | 0,2 % | |||
Freiburg | 7,7 % | 20,7 % | 67,3 % | 4,1 % | ||||
Genf | 40,5 % | 17,7 % | 11,6 % | 14,2 % | 1,0 % | |||
Glarus | 24,3 % | 39,0 % | 12,3 % | 24,4 % | ||||
Graubünden | 16,7 % | 27,0 % | 37,3 % | 19,0 % | ||||
Luzern | 11,3 % | 39,0 % | 49,5 % | 0,2 % | ||||
Neuenburg | 44,0 % | 25,3 % | 2,8 % | 18,6 % | 0,7 % | |||
Schaffhausen | 15,2 % | 23,6 % | 32,1 % | 1,1 % | ||||
Schwyz | 19,7 % | 28,4 % | 51,9 % | |||||
Solothurn | 29,9 % | 44,6 % | 25,5 % | |||||
St. Gallen | 21,8 % | 31,1 % | 44,1 % | 0,4 % | 2,7 % | |||
Tessin | 15,8 % | 43,4 % | 40,4 % | 0,4 % | ||||
Thurgau | 25,5 % | 14,9 % | 19,3 % | 34,2 % | 6,1 % | |||
Waadt | 28,0 % | 43,9 % | 9,8 % | 17,5 % | 0,7 % | |||
Wallis | 11,0 % | 20,8 % | 68,3 % | |||||
Zug | 25,7 % | 27,6 % | 46,7 % | |||||
Zürich | 40,2 % | 25,9 % | 7,8 % | 17,2 % | 3,8 % | 4,2 % | ||
Schweiz | 28,7 % | 26,0 % | 21,4 % | 15,3 % | 2,8 % | 1,5 % | 1,0 % | 1,0 % |
Sitzverteilung in den Kantonen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1931/Resultate Nationalratswahlen.[4]
Kanton | Total | FDP | SP | KVP | BB | LPS | Dem | KPS | EVP | KPS-O | PPN | UDE S1 | |||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Aargau | 12 | 2 | 4 | 3 | 3 | ||||||||||||||||||
Appenzell Ausserrhoden | 2 | 1 | −1 | 1 | |||||||||||||||||||
Appenzell Innerrhoden | 1 | 1 | |||||||||||||||||||||
Basel-Landschaft | 4 | 2 | +1 | 1 | 0 | −1 | 1 | ||||||||||||||||
Basel-Stadt | 7 | 1 | 2 | 1 | 1 | 1 | 1 | ||||||||||||||||
Bern | 31 | 5 | −1 | 10 | −1 | 1 | −1 | 15 | |||||||||||||||
Freiburg | 7 | 1 | −1 | 6 | +1 | ||||||||||||||||||
Genf | 8 | 2 | 4 | +1 | 1 | 1 | −1 | 0 | −1 | ||||||||||||||
Glarus | 2 | 1 | 1 | ||||||||||||||||||||
Graubünden | 6 | 2 | 1 | 2 | 1 | ||||||||||||||||||
Luzern | 9 | 3 | 1 | 5 | |||||||||||||||||||
Neuenburg | 6 | 2 | 3 | 1 | 0 | −1 | |||||||||||||||||
Nidwalden | 1 | 1 | |||||||||||||||||||||
Obwalden | 1 | 1 | |||||||||||||||||||||
Schaffhausen | 2 | 0 | −1 | 1 | 0 | −1 | 1 | +1 | |||||||||||||||
Schwyz | 3 | 1 | 2 | ||||||||||||||||||||
Solothurn | 7 | 3 | 2 | 2 | |||||||||||||||||||
St. Gallen | 13 | 4 | −1 | 3 | 6 | −1 | |||||||||||||||||
Tessin | 7 | 3 | −1 | 1 | 3 | ||||||||||||||||||
Thurgau | 6 | 1 | 1 | −1 | 1 | 3 | |||||||||||||||||
Uri | 1 | 1 | |||||||||||||||||||||
Waadt | 15 | 7 | −1 | 4 | 1 | −1 | 3 | +1 | |||||||||||||||
Wallis | 6 | 1 | 5 | ||||||||||||||||||||
Zug | 2 | 1 | 1 | ||||||||||||||||||||
Zürich | 28 | 8 | 11 | 2 | 5 | 1 | +1 | 1 | |||||||||||||||
Schweiz | 187 | 52 | −6 | 49 | −1 | 44 | −2 | 30 | −1 | 6 | −1 | 2 | ±0 | 2 | ±0 | 1 | ±0 | 1 | +1 | 0 | −1 | 0 | −1 |
Ergebnisse der Ständeratswahlen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt vom 2. Dezember 1931 aufgelistet.[5]
Sitzverteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Partei | Wahlen 1931 | Wahlen 1928 |
---|---|---|
SPS | 2 | 0 |
KVP | 18 | 18 |
LPS | 1 | 1 |
FDP | 19 | 20 |
DP | 1 | 1 |
BGB | 3 | 3 |
Gewählte Ständeräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fraktionen in der 29. Legislaturperiode
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien.[6] Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.
Fraktion | Gesamt | Nationalrat | Ständerat |
---|---|---|---|
Radikal-Demokratische Gruppe (FDP) | 71 | 52 | 19 |
Katholisch-Konservative | 62 | 44 | 18 |
Sozialdemokraten | 51 | 49 | 2 |
Bauern-, Gewerbe und Bürgerfraktion | 33 | 30 | 3 |
Liberal-Demokratische Gruppe | 7 | 6 | 1 |
ohne Fraktionszugehörigkeit | 7 | 6 | 1 |
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bundesblatt Nr. 48 vom 2. Dezember 1931 mit den Ergebnissen
- Bundesamt für Statistik: Nationalratswahlen 1931 - (Statistische Quellenwerke der Schweiz Heft 23)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ «Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien, 1919–2015»
- ↑ Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015»
- ↑ Mitglieder des Nationalrats, Seiten 602–665
- ↑ Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien und Kanton. Bundesamt für Statistik, 1. Dezember 2015, abgerufen am 4. Mai 2022.
- ↑ Mitglieder des Ständerats, Seiten 666–668
- ↑ Fraktionen seit 1912