Mamu
Mamu (akkadisch Mamu, sumerisch dMa-mu.d und dMa-mu2.d) war nach der Götterliste "An = Anum"[1] eine mesopotamische Traumgöttin und Tochter des Šamaš/Utu.[2] Ihr Name ist in der sumerischen Sprache ein Synonym für Traum, dieser hat mit der Schreibung als mamu meist göttlichen Bezug und zukunftsweisenden Charakter. Im Gegensatz zu mamu gibt es auch noch ein neutraleres Wort für Traum (maš2.gi6.k).[3]
Männliche Form
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abseits der Götterliste An = Anum wird Mamu vornehmlich als männlicher Gott bezeichnet.[4] In der lipšur-Litanei erscheint er hinter Šamaš, Aja und Bunene (Vizier des Šamaš).[5] Als göttlicher Zeuge wird er in altbabylonischen Urkunden ebenfalls neben Šamaš und Aja genannt. Nur zweimal ist er in Traumritualen bezeugt, wo er als Gott der Träume (dMa-mu2 DINGIR Ma-mu2-da und dMa-mu2 DINGIR ša2 MAŠ2.GE6meš) ausgewiesen wird.[6] In beiden Fällen wird er, um einen positiven Traum herbeizuführen, angerufen. Butler vertritt die Ansicht, dass Mamu im Gegensatz zu Ziqiqu für positive Träume zuständig war.[7]
Tempel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seinen einzig bisher bekannten Tempel hatte er in Balawat (Imgur-Enlil). Dieser wurde von Hormuzd Rassam und Max Mallowan ausgegraben. Aššur-nâṣir-apli II. hatte ihn nach 875 erbauen und mit aufwendigen bronzebeschlagenen Toren (Balawat B)[8] sowie einer Statue des Gottes[9] ausstatten lassen. Dabei ist nicht geklärt, ob es sich bei der Gottheit Mamu von Imgur-Enlil nicht um eine gleichnamige Lokalgottheit handelt,[10] wofür Butler jedoch keine Anhaltspunkte sieht.[11] Der Tempel war wohl bis zum Ende des assyrischen Reiches (ca. 612–610 v. Chr.) in Benutzung, die letzte schriftliche Erwähnung datiert jedoch auf das Jahr 694 v. Chr.[12] Im Tempel wurden keine religiösen oder literarische Texte gefunden, was die Einordnung der Rolle des Gottes erschwert. Dagegen fand sich ein Privatarchiv[13] des Mamu-iqbi[14] (ca. 697–671 v. Chr.),[15] bei dem es sich vielleicht um einen Tempelbediensteten oder Priester handelt. Auch die Frage, warum Aššur-nasir-apli II. und Salmānu-ašarēd III. einen Tempel des Mamu in Imgur-Enlil bauten, kann mit den vorliegenden Quellen nicht beantwortet werden. Oates[16] vermutet, dass der assyrische König während seiner ersten Nacht auf dem Marsch (Imgur-Enlil ist eine Tagesreise von Ninive einer der damaligen Hauptstädte Assyriens entfernt) einen Traum des Gottes bezüglich seines weiteren Feldzuges empfangen wollte.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weitere mesopotamische Traumgötter sind Sisig[17], der Sohn des Utu (akkadisch Ziqīqu, Sohn des Šamaš) und Anzagar.[18] Dabei kann Ziqīqu auch als Mamu (dMamu) bezeichnet werden, dies ist im "Assyrischen Traumbuch" der Fall.[19]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jeremy A. Black, Anthony Green: Gods, demons and symbols of ancient Mesopotamia. An illustrated dictionary. British Museum Press, London 1992, ISBN 0-7141-1705-6.
- Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. Ugarit-Verlag. Münster 1998. ISBN 3-927120-65-0 (Alter Orient und Altes Testament. 258), S. 73–77.
- W. G. Lambert: Mamu(d). In: Dietz-Otto Edzard u. a.: Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie; Bd. 7: Libanukšabaš - Medizin. de Gruyter, Berlin 1987–1990, ISBN 3-11-010437-7, S. 331.
- Andreas Schachner: Bilder eines Weltreichs: kunst- und kulturgeschichtliche Untersuchungen zu den Verzierungen eines Tores aus Balawat (Imgur-Enlil) aus der Zeit von Salmanassar III., König von Assyrien. Brepols, Brüssel 2007, ISBN 978-2-503-52437-5 (Subartu. 20).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Zum Hofstaat des Šamaš (Kolumne III, Zeile 97–205) und der Abfolge der Götter innerhalb des Textes vergleiche: Thomas Richter: Untersuchungen zu den lokalen Panthea Süd- und Mittelbabyloniens in altbabylonischer Zeit. 2. Auflage. Ugarit-Verlag, Münster 2004, ISBN 3-934628-50-8 (Alter Orient und Altes Testament. 257), S. 350–354. So steht Mamu erst 52 Zeilen hinter ihrem Vater.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 74.
- ↑ Annette Zgoll: Traum und Welterleben im antiken Mesopotamien. Traumtheorie und Traumpraxis im 3.-1. Jahrtausend v. Chr. als Horizont einer Kultergeschichte des Träumens. Ugarit-Verlag, Münster 2006, ISBN 3-934628-36-2 (Alter Orient und Altes Testament. 333), S. 76 f. und 313.
- ↑ So nennt Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 74 und 87 Mamus Weiblichkeit in An = Anum: unusually.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 73.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 76 f.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 86 f.
- ↑ Zu diesen siehe Andreas Schachner: Bilder eines Weltreichs.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 76: "Statue des Mamu, meines Herrn" (ṣa-lam dMa-mu2 EN-ia).
- ↑ Jeremy A. Black, Anthony Green: Gods, demons and symbols of ancient Mesopotamia. S. 128.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 74 f.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 75 f.
- ↑ B. Parker: Economic Tablets from the Temple of Mamu in Balawat. Iraq, 25, 1963, S. 86–103.
- ↑ Zu dieser Person G. Van Buylaere: Mamu-iqbi. In: Heather D. Baker (Hrsg.): The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire. Volume 2, Part II: L-N. The Neo-Assyrian Text Corpus Project, Helsinki 2001, ISBN 951-45-9055-4, S. 676.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 75.
- ↑ D. Oates: Balawat (Imgur Enlil): The Site and Its Buildings. In: Iraq. 36, 1974, S. 175.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 747–83.
- ↑ Sally A. L. Butler: Mesopotamian conceptions of dreams and dream rituals. S. 83–85.
- ↑ Annette Zgoll: Traum und Welterleben im antiken Mesopotamien. Traumtheorie und Traumpraxis im 3.-1. Jahrtausend v. Chr. als Horizont einer Kulturgeschichte des Träumens. Ugarit-Verlag, Münster 2006, ISBN 3-934628-36-2 (Alter Orient und Altes Testament. 333), S. 299 f.