Johann-Markus Oestreich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Johann-Markus Oestreich (* 25. April 1738 in Oberbimbach[1]; † 21. August 1833 ebenda) war ein deutscher Orgelbauer der Barockzeit und des Klassizismus, der vorwiegend im Fuldaer Land, in Franken, Thüringen und Westfalen ein- und zweimanualige Orgeln baute. Er selbst unterzeichnete mit „Johannes Oestreich“. Er war der bedeutendste Vertreter der Orgelbauerfamilie Oestreich, die über fünf Generationen wirkte.[2]

Seine Vorfahren waren der um 1650 in Kämmerzell geborene und 1717 in Oberbimbach verstorbene Michael Oestreich, sein Großvater Conrad Oestreich, der 1681 in Kämmerzell geboren wurde und gleichfalls in Oberbimbach 1737 verstarb, und sein Vater Jost (Jodocus) Oestreich (1715–1790), der spätestens ab 1745 als erster Orgelbauer der Sippe in Erscheinung trat.[3]

Im Jahr 1762 heiratete Johann-Markus Margarete Hosenfeld († 1769). Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor: Eva Elisabeth (* 1763), Johann Georg (* 1764; früh gestorben), Anna Maria (* 1766) und Elisabeth (* 1766). In zweiter Ehe war Oestreich mit Agnes Schmitt (* 1746 in Oberbimbach) verheiratet, mit der er folgende Kinder hatte: Johann Georg (* 1770, † 1858), Valtin (* 1772), Johann Adam (* 1776, † 1865), Maria Barbara (* 1778), Elisabeth (* 1780), Kaspar (* 1782), Anna Regina (* 1784), Anna Katharina (* 1787) und Johann Adam (* 1792).[4]

Oestreich lebte und wirkte vorwiegend in Oberbimbach. In den 1800er Jahren hielt er sich einige Jahre in Westfalen auf, als infolge der Säkularisation des Fürstbistums Fulda die Aufträge zurückgingen. Danach kehrte er ins Fuldaer Land zurück.[5]

Die Orgeln Oestreichs zeichnen sich durch eine solide Bauweise aus. Charakteristisch sind die breitflächigen Prospekte, die bis zu 15 Pfeifenfelder aufweisen. Das fünfteilige Mittelfeld präsentiert das Positiv, dem sich zu beiden Seiten das geteilte Hauptwerk mit Harfenfeldern anschließt. Das Pedalwerk ist hinterständig aufgestellt. Vermutet wird ein Einfluss von Philipp Ernst Wegmann.[6] Die Prinzipale klingen weniger mild, sondern eher etwas herbe und „rustikal“. Typisch für Oestreich ist die Verbindung von Gedackt, Gambe und Traversflöte in der Acht-Fuß-Lage.[7]

Von Johann-Markus Oestreich (weitgehend) erhaltene Orgeln befinden sich in der Floher Kirche in Floh-Seligenthal (1789), in den evangelischen Kirchen in Nieder-Moos (1791) und Stadtlengsfeld (1793), in der Erlöserkirche Detmold (1796), in der Evangelischen Kirche Fraurombach (1799), in St. Jakobus d. Ä. in Bremen (Geisa) (um 1800) sowie in St. Cosmas und Damian in Wenigenlupnitz (1809).

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Anmerkungen
1760 Dietershausen St. Bartholomäus zusammen mit Jost Oestreich; nicht erhalten
1767 Rasdorf Stiftskirche II/P 19 zusammen mit Jost Oestreich ursprünglich für die Stadtpfarrkirche in Fulda erbaut; 1837 überführt und 1950 umgebaut
1767–1768 Lauterbach (Hessen) Stadtkirche II/P 24 Mitarbeit bei Philipp Ernst Wegmann oder Ausführung; Prospekt erhalten
1769 Eckweisbach St. Michael nicht erhalten
1772 Haindorf (Schmalkalden) Dorfkirche Haindorf II/P 12 ? teilweise erhalten
1780 Kleinsassen Kath. Pfarrkirche I/P 12 einige Register erhalten
1781 Hosenfeld St. Peter und Paul I/P 12 nicht erhalten
1782 Großenlüder St. Georg II/P 23 Gehäuse erhalten
1784 Margretenhaun St. Margareta I/P 13 1974 Pfeifenwerk in Neubau von Hey übernommen
1785 Rückers (Flieden) Mariä Himmelfahrt I/P 10 nicht erhalten
1783–1789 Bigge (Olsberg) St. Martin II/P 23 1945 stark beschädigt, Gehäuse erhalten, 1990 Orgel rekonstruiert[8]
1789 Floh-Seligenthal Dorfkirche Floh II/P 26 weitgehend erhalten
1789 Altenschlirf Andreaskirche
Gehäuse erhalten
1790–1791 Nieder-Moos Evangelische Kirche II/P 22 nahezu unverändert erhalten → Orgel der Evangelischen Kirche Nieder-Moos
1793 Stadtlengsfeld Evangelische Kirche II/P 30 zum großen Teil erhalten; umfasst 1.534 Pfeifen, 30 Register und zwei Manuale; gilt als Oestreichs wichtigstes Werk[9]
1796 Kranlucken Heiligste Dreifaltigkeit I/P 12 Prospekt und Reste erhalten
1791–1796 Detmold Erlöserkirche II/P 32 4 Register aus Vorgängerorgel von C. Lohoff (1651) übernommen; 1940 und 1962 erweitert (heute III/P/41); 21 Register vollständig erhalten[10][11]
1798–1799 Fraurombach Evangelische Kirche I/P 10 oder von Johann Adam Oestreich; 1869 Umbau durch Adam Eifert; zum großen Teil erhalten[12]
um 1800 Bremen bei Geisa St. Jakobus und Barbara I/P 12 zum großen Teil erhalten; 2002 Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen[13]
um 1800 Brakel Kapuzinerkirche I/p 8 mehrfach umgebaut, 1985 auf II/P/18 erweitert; 7 Register erhalten
um 1800 Eiterfeld kath. Pfarrkirche I/P 16 nicht erhalten
um 1800 Motzlar St. Valentinus zum Teil erhalten
1802 Hillentrup Evangelische Kirche I/P 9 nicht erhalten
1805 Detmold Lutherkirche
II/P 17 1897 an die Evangelische Kirche Bergkirchen (Bad Salzuflen) verkauft, dort 4 Register und Gehäuseteil erhalten (Foto)[14]
1805 Gemünden (Wohra) Stadtpfarrkirche II/P 18 zusammen mit Johann Georg Oestreich; Prospekt erhalten[15]
1805 Kämmerzell St. Godehard I/P 12 Gehäuse erhalten
1807 Cappel (Blomberg) Evangelische Kirche 1827 beim Kircheneinsturz des Vorgängerbaus beschädigt, für 385 Taler repariert und in der neuen Kirche aufgestellt; 1865 ersetzt
1808 Oberufhausen Kath. Pfarrkirche I/P 12 nach Leimbach (Eiterfeld) überführt und dort umgebaut[16]
1809 Wenigenlupnitz St.-Cosmas-und-Damian-Kirche
II/P 21 weitgehend erhalten, restaurierungsbedürftig
1810 Mittelkalbach St. Sebastian nicht erhalten[17]
1811 Helmers (Schmalkalden) nicht erhalten
1812 Schwarzbach (Hofbieber) Kath. Pfarrkirche I/P 14 Prospekt erhalten
1814 Schwalenberg Reformierte Kirche
II/P 18 1949 durch Schwelbrand beschädigt und ersetzt; 1983 von Alfred Führer rekonstruiert[18]
1817 Spahl St. Cyriakus I/P 10 Reste erhalten
1819 Hainzell kath. Filialkirche I/P 6 nicht erhalten; Oestreich lieferte auch Beichtstühle nach Hainzell
1821 Buttlar kath. Pfarrkirche I/P 14 nicht erhalten
1825 Amöneburg St. Johannes der Täufer 1833 Erweiterung durch Johann Georg Oestreich; nicht erhalten
  • Gottfried Rehm: Die Orgelbauerfamilie Oestreich. In: Acta Organologica. Bd. 7, 1973, S. 37–66.
  • Gottfried Rehm: Beiträge zur Geschichte der Orgelbauerfamilie Oestreich. In: Acta Organologica. Bd. 21, 1990, S. 55–99.
  • Gottfried Rehm: Musikantenleben. Beiträge zur Musikgeschichte Fuldas und der Rhön im 18. und 19. Jahrhundert (= Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins). Parzeller, Fulda 1997, ISBN 3-7900-0282-8.
  • Helmut Tramnitz: Die Detmolder Orgel des Johann Markus Oestreich (erbaut 1793–1795). In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Bd. 45, 1976, S. 116–130.
Commons: Johann-Markus Oestreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Rolf Leimbach, Rolf Schlegel: Hafenstadt an der Felda: Lengsfelder Geschichten III. BoD, Norderstedt 2015, ISBN 978-3-7392-7658-8, S. 123 (Google books)
  2. Gottfried Rehm: Die Orgelbauerfamilie Oestreich, abgerufen am 22. September 2020.
  3. Tramnitz: Die Detmolder Orgel des Johann Markus Oestreich. S. 118.
  4. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 314.
  5. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 311.
  6. hey-orgelbau.de: Chronik, abgerufen am 17. April 2018.
  7. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 310.
  8. Orgel in Bigge, abgerufen am 29. November 2018.
  9. Susann Eberlein: Schlaflos in Stadtlengsfeld. In Glaube und Heimat Nr. 34/2021, 22. August 2021, S. 8
  10. Orgel in Detmold, abgerufen am 17. April 2018.
  11. Detmold, Erlöserkirche am Markt. In: de Orgelsite. Abgerufen am 12. Januar 2023 (niederländisch).
  12. Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7, S. 306 f.
  13. Orgel in Bremen bei Geisa, abgerufen am 17. April 2018.
  14. Orgel in Bad Salzuflen, abgerufen am 29. November 2018.
  15. Orgel in Gemünden, abgerufen am 17. April 2018.
  16. Orgel in Leimbach, abgerufen am 17. April 2018.
  17. Orgel in Mittelkalbach (PDF).
  18. Orgel in Schwalenberg, abgerufen am 17. April 2018.