Suda

byzantinisches Lexikon, geschrieben um 970

Die Suda (mittelgriechisch ἡ Σοῦδα hē Soûda, deutsch ‚das Bollwerk‘) ist das umfangreichste erhaltene byzantinische Lexikon; es entstand vermutlich um 970. Ursprünglich wurde es einem Suidas genannten Autor zugeschrieben.

Eine Seite der Suda in der 1205 geschriebenen Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus graecus 1296 (fol. 193r)
Seite aus einer frühen Druckausgabe der Suda (15./16. Jahrhundert)

Übersicht

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Die Suda enthält über 30.000 Lemmata und ist – im Gegensatz zu den meisten anderen Nachschlagewerken dieser Zeit – alphabetisch gegliedert. Sie kann daher als sehr früher Vorläufer moderner Lexika oder Enzyklopädien gedeutet werden.

Die Suda enthält zahlreiche Artikel über Leben und Werk antiker und frühmittelalterlicher Autoren sowie über antike Geschichtsschreibung und Geographie. Ebenso finden sich Sachartikel aus Philosophie, Naturwissenschaft und Literaturgeschichte.[1] Der Inhalt ist teilweise wenig verlässlich, da anscheinend viel aus dem Gedächtnis zitiert worden ist und die benutzten Quellen (darunter Kommentare und Schriften der Grammatiker) bereits ihrerseits unzuverlässig waren. Da das Lexikon viele verloren gegangene Werke zitiert, ist es dennoch für die Klassische Philologie eine unersetzliche Quelle. Es wurde bereits in byzantinischer Zeit und in der Renaissance viel benutzt.

Die Suda wurde rasch ins Lateinische übersetzt, und noch im 15. Jahrhundert erschien eine Druckversion.[2]

Den humanistischen Philologen Justus Lipsius oder Denis Lambin wird der Satz zugeschrieben: pecus est Suidas, sed pecus aurei velleris („Suidas ist ein Schaf, aber ein Schaf mit goldener Wolle“).

Das Werk wurde vermutlich von mehreren Autoren kompiliert, so aus älteren, überwiegend verloren gegangenen antiken Lexika von Eudemos von Pergamon, Helladios, Longinos, Eirenaios von Smyrna, Pamphilos von Alexandria und Hesychios von Milet, ebenso aus Scholien zu Werken klassischer Autoren wie Aristophanes, Homer, Sophokles, Thukydides und Lukianos.

Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass möglicherweise überwiegend jüngere Vorlagen verwendet wurden, so beispielsweise die Synagoge (Συναγωγὴ λέξεων χρησίμων) und Harpokration. Die Hinweise auf antike Historiker gehen vermutlich ebenfalls nicht auf die Originaltexte zurück, sondern überwiegend auf Constantinus Porphyrogennetos.

Das Werk wird heute in der Regel als Suda zitiert. Es wurde bis etwa 1930 (und teils bis heute) einem Autor namens Suidas (auch Souidas oder Soudas) zugeschrieben, doch ein Autor mit diesem Namen ist nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich handelt es sich daher bei dem (fälschlich als Suidas gelesenen) Wort Suda in den Handschriften um den Titel des Werks, nicht um den Namen eines Verfassers. Dieser Irrtum geht vermutlich bereits auf Eustathios von Thessalonike zurück. Der Titel Suda bedeutet wahrscheinlich „Schanzwerk“ oder „Befestigungsanlage“: Das Lexikon sollte demnach wohl als eine „Festung des Wissens“ oder als „Festung gegen das Vergessen“ dienen.

Suda On Line (SOL)

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Die Suda steht in englischer Übersetzung und im griechischen Original in digitaler Form zur Verfügung. Seit Januar 1998 erarbeitet eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern die webbasierte Edition Suda On Line (SOL). Das Projekt befindet sich im fortlaufenden Aufbau und ist unter www.stoa.org/sol/ ohne Paywall für jeden zugänglich.[3] Qualifizierte User können sich als Editoren am Projekt beteiligen. Die Übersetzung und Kommentierung steht unter der Creative-Commons-Lizenz Attribution-NonCommercial-ShareAlike.

Ausgaben

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  • Ada Adler (Hrsg.): Suidae lexicon. 5 Bände. Teubner, Leipzig 1928–1938 (Nachdruck Leipzig 1994–2001)
    • Band 1: Α–Γ. 1928
    • Band 2: Δ–Θ. 1931
    • Band 3: Κ–Ο; Ω. 1933
    • Band 4: Π–Ψ. 1935
    • Band 5: Indices, Praefatio. 1938

Siehe auch

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Literatur

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  • Barry Baldwin: Aspects of the Suda. In: Byzantion. Band 76, 2006, S. 11–31.
  • Wilhelm von Christ: Geschichte der griechischen Literatur, Teil 2/2: Von 100 bis 530 n. Chr. C. H. Beck, München 1961, S. 1091 ff.
  • Herbert Hunger: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. Band 2: Philologie, Profandichtung, Musik, Mathematik, Astronomie, Naturwissenschaften, Medizin, Kriegswissenschaften, Rechtsliteratur (= Byzantinisches Handbuch. Band 5). C. H. Beck, München 1978, ISBN 3-406-01428-3, S. 508 (Index, s. v. Suda).
  • Herbert Hunger: Was nicht in der Suda steht, oder: Was konnte sich der gebildete Byzantiner des 10./11. Jahrhunderts von einem „Konversationslexikon“ erwarten? In: Wolfram Hörandner, Erich Trapp: Lexicographica Byzantina. Symposion zur byzantinischen Lexikographie (Wien, 1.-4. März 1989) (= Byzantina Vindobonensia. Band 20). ÖAW, Wien 1991, ISBN 3-7001-1853-8, S. 137–153.
  • Christos Theodoridis: Quellenkritische Bemerkungen zum Lexikon des Suidas. In: Hermes. Band 116, 1988, S. 468–475, ISSN 0341-0064
  • Astrid Steiner: Byzantinisches im Wortschatz der Suda. In: Erich Trapp, Johannes Diethart, Georgios Fatouros, Astrid Steiner, Wolfram Hörandner: Studien zur byzantinischen Lexikographie (= Byzantina Vindobonensia. Band 18). ÖAW, Wien 1988, ISBN 3-7001-1517-2, S. 149–181.
  • Antonio Ruiz de Elvira: Suidas, y non „la Suda“. In: Myrtia. Band 12, 1997, S. 5–8 (Digitalisat).
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Wikisource: Suda – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Wegner: Suda. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1366.
  2. Hans Zotter: Parallele Modelle von Wissenssicherung und Ordnung. In: Theo Stammen, Wolfgang Weber (Hrsg.): Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverbreitung. Akademieverlag, Berlin 2004, ISBN 3-05-003776-8, S. 25–38.
  3. The Suda on Line, auf cs.uky.edu