HealthMap ist ein frei zugängliches, automatisiertes elektronisches Informationssystem zur Überwachung, Organisation und Visualisierung von Berichten über weltweite Krankheitsausbrüche nach Geographie, Zeit und Infektionserregern.

Es befindet sich seit September 2006 in Betrieb am Boston Children’s Hospital und wurde von John Brownstein, einem kanadischen Epidemiologen und Professor an der medizinischen Fakultät der Harvard University sowie Clark Freifeld entwickelt.[1][2]

HealthMap erfasst Daten aus einer Vielzahl frei zugänglicher elektronischer Medienquellen (z. B. ProMED-mail, Eurosurveillance, Wildlife Disease Information Node, Google News, Weltgesundheitsorganisation (WHO), GeoSentinel), um einen umfassenden Überblick über den aktuellen, globalen Stand von Infektionskrankheiten zu erhalten.[3]

Die Nutzer von HealthMap kommen aus einer Vielzahl von Organisationen, darunter staatliche und lokale Gesundheitsbehörden, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC). HealthMap wird sowohl als Früherkennungssystem als auch zur Unterstützung der Gefahreneinschätzung eingesetzt, indem es aktuelle, sehr lokale Informationen über Ausbrüche liefert, selbst aus Gebieten, die für die traditionellen globalen Bemühungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit relativ unsichtbar sind.

Im Oktober 2008 erhielt das Projekt unter anderem eine finanzielle Zuwendung von 3 Millionen US-Dollar seitens Google.org.[4]

Der erste große Erfolg von HealthMap kam während der Pandemie H1N1 2009/10 (Schweinegrippe), als das Programm Quellen wie spanischsprachige Online-Nachrichtenberichte nutzte, um die Früherkennung einer nicht identifizierten Atemwegserkrankung in Veracruz, Mexiko, zu identifizieren. Fünf Jahre später zapfte sie den Twitter-Feed der WHO und andere Quellen an, um die Ausbreitung des Ebola-Virus nahezu in Echtzeit zu verfolgen.[5]

Gegenwärtig überwacht HealthMap vollautomatisiert Informationen von über 20 000 Webseiten in Englisch, Chinesisch, Spanisch, Russisch, Französisch, Portugiesisch und Arabisch, täglich werden hierbei durchschnittlich 300 Berichte gesammelt, von denen 85 % aus Quellen der Nachrichtenmedien stammen.[6] Die Anwendung selbst beruht auf Linux, Apache, MySQL-Datenbank und einer PHP-Applikation.

Zwischenzeitlich veröffentlichte das Projekt unter anderem für das Apple iPhone gedachte Applikation namens „Outbreaks Near Me“.[7][8]

Im März 2014 verfolgte die Healthmap-Software frühe Presse- und Sozialmedienberichte über ein hämorrhagisches Fieber in Westafrika, das später von der WHO als Ebola identifiziert wurde. Das HealthMap-Team erstellte daraufhin eine spezielle Visualisierung der Infektionsherde unter healthmap.org/ebola.

Bereits im Dezember 2019 verzeichnete HealthMap eine auffällige Häufung von Lungenentzündungen im Bereich Wuhan, dem vermutlichen Ursprungsort der nachfolgenden Coronavirus-Pandemie.[9][10][11]

Im März 2020 veröffentlichte Healthmap die Webseite „Covidnearyou“, in welcher Amerikaner freiwillig melden können, ob sie vom Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen sind oder nicht.

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Einzelnachweise

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  1. HealthMap. Abgerufen am 10. April 2020 (englisch).
  2. Alexis Madrigal: Researchers Track Disease With Google News, Google.org Money. In: Wired. 7. Juli 2008, ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 11. April 2020]).
  3. HealthMap. Abgerufen am 10. April 2020 (englisch).
  4. Google.org Battles Bugs & Viruses – News announcements – News from Google – Google. Abgerufen am 11. April 2020 (englisch): „Children’s Hospital Corporation supporting Healthmap and ProMED-mail – $3M multi-year grant to combine HealthMap’s digital detection efforts with ProMED-mail’s global network of human, animal, and ecosystem health specialists. Together, these programs will assess current emerging disease reporting systems, expand regional networks in Africa and Southeast Asia, and develop new tools to improve the detection and reporting of outbreaks.“
  5. Katherine Ellison,Knowable Magazine: Social Media Posts and Online Searches Hold Vital Clues about Pandemic Spread. Abgerufen am 11. April 2020 (englisch): „HealthMap’s first big success came during the 2009 H1N1 (swine flu) pandemic, when it used sources that included Spanish-language online news reports to aid in early detection of an unidentified respiratory illness in Veracruz, Mexico.“
  6. Roxanne Nelson: HealthMap: the future of infectious diseases surveillance? In: The Lancet Infectious Diseases. Band 8, Nr. 10, 1. Oktober 2008, ISSN 1473-3099, S. 596, doi:10.1016/S1473-3099(08)70219-6: „The system has expanded substantially since its inception, and currently collates information from over 20000 websites. An average of 300 reports are collected each day, with 85% acquired from news media sources.“
  7. Alexis Madrigal: iPhone App Finds Disease Outbreaks Near You. In: Wired. 1. September 2009, ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 10. April 2020]).
  8. HealthMap: Outbreaks Near Me. Abgerufen am 10. April 2020 (amerikanisches Englisch).
  9. Viral Pneumonia Infects Almost 60 in Central China | HealthMap. Abgerufen am 10. April 2020.
  10. Coronavirus Researchers Are Using High-Tech Methods to Predict Where the Virus Might Go Next. Abgerufen am 10. April 2020 (englisch).
  11. Epidemie-Früherkennung: Künstliche Intelligenz allein reicht nicht aus. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch): „Das automatisierte HealthMap-System am Kinderkrankenhaus von Boston meldete, dass es in der chinesischen Stadt Wuhan Fälle einer unbekannten Lungenentzündung gebe. Das System, das Online-Nachrichten und Berichte auf Social Media scannt, gab dem Vorfall nur die Priorität drei auf einer bis fünf aufsteigenden Skala.“