Bürglen TG
TG ist das Kürzel für den Kanton Thurgau in der Schweiz. Es wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Bürglen zu vermeiden. |
Bürglen ist eine politische Gemeinde und eine Ortschaft[7] im Bezirk Weinfelden des Kantons Thurgau in der Schweiz. Die Gemeinde besteht seit 1995 und umfasst die ehemaligen Ortsgemeinden Bürglen, Leimbach und Opfershofen der ehemaligen Munizipalgemeinde Bürglen sowie die früher zur Munizipalgemeinde Bussnang gehörende Ortsgemeinde Istighofen. Die zuvor ebenfalls zur Munizipalgemeinde Bürglen zählenden ehemaligen Ortsgemeinden Donzhausen und Hessenreuti sowie der Weiler Uerenbohl der Ortsgemeinde Opfershofen gehören seit 1995 zu Sulgen.[8]
Bürglen | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Thurgau (TG) |
Bezirk: | Weinfelden |
BFS-Nr.: | 4911 |
Postleitzahl: | 8575 |
Koordinaten: | 728817 / 267991 |
Höhe: | 441 m ü. M. |
Höhenbereich: | 423–516 m ü. M.[1] |
Fläche: | 11,71 km²[2] |
Einwohner: | 4153 (31. Dezember 2023)[3] |
Einwohnerdichte: | 355 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) |
31,6 % (31. Dezember 2023)[4] |
Website: | www.buerglen-tg.ch |
Schloss in Bürglen
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Lage der Gemeinde | |
Geographie
BearbeitenBürglen liegt an der Thur im Schnittpunkt der Strassen Weinfelden – Romanshorn und Konstanz – Wil SG und an der Bahnstrecke Winterthur–Romanshorn. Eine Brücke über die Thur verbindet den Ortsteil Istighofen im Süden mit Bürglen. Zur politischen Gemeinde gehören nebst dem Dorf Bürglen die früheren Ortschaften Opfershofen und Leimbach im Nordosten sowie Moos im Südwesten.
Zum Dorfbild gehören das Schloss Bürglen, das einen Teil der Primarschule beherbergt, und der kleine alte Dorfkern, der sich zu Füssen des Schlosses erstreckt.
Geschichte
BearbeitenBürglen wurde 1282/84 erstmals erwähnt als Burgelon. Nach 1350 entstand durch Konzentration des Besitzes der 1176 erstmals erwähnten Freiherren von Bürglen ein abgerundetes Herrschaftsgebiet, das ab 1408 den Herren von Klingenberg, ab 1443 Marquart Brisacher aus Konstanz und ab 1447 den Freiherren von Sax-Hohensax gehörte. Diese hatten in Bürglen seit 1360 verschiedene Rechte besessen und bauten die Herrschaft um 1500 zu ihrem Machtzentrum aus. 1550 verkauften sie Bürglen den Breitenlandenberg, die es 1579 der Stadt St. Gallen abtraten. Die bis 1798 vom St. Galler Obervogt verwaltete Herrschaft umfasste seit dem Spätmittelalter die niederen Gerichte Bürglen, Uerenbohl, Guntershausen, Heldswil, Mettlen und Istighofen sowie Teile von Hüttenschwil und Sulgen. Dazu kamen 1580 Mühlebach, 1647 Bleiken, 1664 Hessenreuti und 1665 Amriswil.[8]
Kirchlich gehörte Bürglen zur Pfarrei Sulgen. Ab 1274 ist eine Pfründe, ab 1346 die Burgkapelle belegt. Die 1504 erwähnte St. Leonhardskapelle dürfte älteren Ursprungs sein. Vermutlich bestand sie ebenso wie die ab 1585 belegte und 1695 abgebrannte «Höll»-Kapelle bis ins späte 17. Jahrhundert. Nach der Reformation 1529 kehrte der Gerichtsherr zum katholischen Glauben zurück, während das Dorf reformiert blieb. Nachdem St. Gallen 1585 vom Chorherrenstift St. Pelagius in Bischofszell Kollatur und Zehnten erworben hatte, wurde Bürglen von Sulgen, ab 1617 von Neukirch an der Thur und ab 1676 schliesslich von einem Schlossprediger versorgt. 1678 erfolgte die Zuteilung von Andwil, 1714 von Oberandwil, Eggertshusen und Guggenbüel. 1809 wurde die von Sulgen unabhängige reformierte Pfarrei Bürglen-Andwil gebildet.[8]
Die um 1300 angelegte befestigte Siedlung konnte sich wegen des Niedergangs der Freiherren von Bürglen und der Konkurrenz anderer Orte nicht als Stadt behaupten. Nach dem Dorfbrand 1528 verschuldeten sich die Einwohner für den Wiederaufbau bei der Herrschaft, die 1540 die Rechte am Gemeindeland zugesprochen erhielt. Unter der stadt-sankt-gallischen Herrschaft verlor Bürglen die Autonomie. Die Stadt setzte den Ammann und Vorsitzenden des Niedergerichts ein, förderte die Ansiedlung ihrer Bürger als lokaler Elite und wandelte die Erb- in Schupflehen um. Zwar genossen die sogenannten Konstanzerbauern eine gewisse Unabhängigkeit, und im 17. Jahrhundert förderte der Ausbau des Schlosses Bürglen die Ansiedlung neuer Gewerbe. Im 18. Jahrhundert aber führte eine Herrschaftspraxis, die die Bildung tragfähiger dörflicher Strukturen verhinderte, zur allgemeinen Verarmung.[8]
1803 bis 1816 gehörte Bürglen zur Munizipalgemeinde Birwinken, 1816 bis 1994 war Bürglen Munizipalgemeinde. 1810 bis 1875 prägten die Häberlin, Besitzer der 1903 durch einen markanten Neubau ersetzten Mühle, die Dorfpolitik. Mitte des 19. Jahrhunderts war Bürglen Treffpunkt fortschrittlicher Kreise, was sich in der landwirtschaftlichen Ausstellung von 1846 sowie in der radikalen Zeitung «Der Volksmann» der Gebrüder Bion 1847 bis 1850 widerspiegelte. Ab 1860 erfolgte die Umstellung auf Viehwirtschaft, 1933 die Güterzusammenlegung und Intensivierung des Obstbaus. Die Eröffnung der Kammgarnspinnerei 1874, welche v. a. italienische Arbeiterinnen anwarb und eine eigene Wohnbaupolitik betrieb (Neubürglen), hatte tief greifende Folgen. Während 1870 der Anteil der Ausländer und Katholiken 3 % bzw. 2 % der Bürgler Bevölkerung betrug, hatte er sich 1910 bereits auf 40 % bzw. 45 % erhöht, derjenige der Frauen lag bei 57 %. Der freisinnig-bäuerlichen Mehrheit standen die Demokraten, ab 1930 die SP gegenüber. 1945 begann die politische Integration der Katholiken, was 1959 zum Bau der katholischen St. Josephskirche als Filiale von Sulgen führte. Neben Kammgarnspinnerei, Wollfärberei (1843–1979) und Stickerei waren v. a. die Kieswerke wirtschaftlich von Bedeutung. Seit 1980 beherbergt das Areal der ehemaligen Wollfärberei verschiedene Kleinunternehmen und Vereine.[8]
Um das bereits im 19. Jahrhundert als Schulhaus genutzte Schloss entstand im 20. Jahrhundert ein Schulquartier. Wirtschaftliche und politische Veränderungen führten dazu, dass sich der muslimische Bevölkerungsanteil durch die Zuwanderung aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien am Ende des 20. Jahrhunderts deutlich erhöht hatte.[8]
→ siehe auch Abschnitte Geschichte in den Artikeln Istighofen, Leimbach TG und Opfershofen
Wappen
BearbeitenBlasonierung: In Blau ein aufrecht schreitender gelber Löwe.[9]
Das Wappen entspricht dem der Gerichtsherrschaft Bürglen, das auf die Freiherren von Bürglen zurückgeht. Die Ortsgemeinde Bürglen verwendete es ab 1940, die politische Gemeinde Bürglen seit ihrer Gründung im Jahr 1995.[9]
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Wappen der Gemeinde Bürglen
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Wappen derer von Bürglen in der Zürcher Wappenrolle
Bevölkerung
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1450 | 1634 | 1682 | 1797 | 1850 | 1900 | 1950 | 1990 | 2000 | 2010 | 2018 | 2023 | |
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Politische Gemeinde | 3197 | 3259 | 3835 | 4129 | ||||||||
Munizipalgemeinde | 1049 | 1792 | 2428 | 3193 | ||||||||
Ortsgemeinde | ca. 250 | 153 | 435 | 420 | 442 | 1238 | 1714 | 2323 | ||||
Quelle | [8] | [10] | [11] |
Von den insgesamt 4129 Einwohnern der Gemeinde Bürglen am 31. Dezember 2023 waren 1289 bzw. 31,2 % ausländische Staatsbürger. 1072 Personen (26,0 %) waren evangelisch-reformiert und 1015 (24,6 %) römisch-katholisch. Die Ortschaft Bürglen zählte zu diesem Zeitpunkt 3070 Bewohner.[11]
Bildung
BearbeitenIn die Sekundarschule (Oberstufe) von Bürglen ist die «Thurgauer Sport-Tagesschule» integriert. Seit 2012 besteht auch der «FCO Campus», eine Eliteschule des Ostschweizer Fussballs, mit knapp 30 Schülern.[12]
Wirtschaft
BearbeitenIm Jahr 2018 bot Bürglen 1146 Personen Arbeit (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Davon waren 5,0 % in der Land- und Forstwirtschaft, 40,2 % in Industrie, Gewerbe und Bau sowie 54,8 % im Dienstleistungssektor tätig.[13]
Sehenswürdigkeiten
BearbeitenPersönlichkeiten
Bearbeiten- Wilhelm Friedrich Bion (1797–1862), reformierter Theologe, Politiker
- Gottlieb Bion (1804–1876), Landschaftsmaler
- Fritz Gilsi (1878–1961), Maler und Grafiker
- Jacques Schedler (1927–1989), Maler, Zeichner und Grafiker
- Elisabeth Binder (* 1951), Schriftstellerin
Galerie
Bearbeiten-
Schlosshalde 2
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Schloss Bürglen
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Innenhof Schloss Bürglen
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Evangelische Kirche
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Mehrzweckhalle Friedhofstrasse 7
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Wohnhaus "Obstgarten"
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Bahnhof Bürglen TG
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Wohn- und Maschinenhaus von 1906
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Holcim Kies und Beton AG Werk Bürglen
Literatur
Bearbeiten- Martin Zeiller: Bürglen. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae (= Topographia Germaniae. Band 1). 2. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654, S. 59 (Volltext [Wikisource]).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Thurgau in Zahlen 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF-Datei; 1,8 MB), abgerufen am 28. April 2020.
- ↑ Zahlen/Fakten. ( des vom 1. Juli 2019 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf der Webseite der Gemeinde Bürglen, abgerufen am 15. Februar 2020
- ↑ Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019. Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabelle; 0,1 MB), abgerufen am 20. Juni 2022.
- ↑ a b c d e f g
Gregor Spuhler: Bürglen (TG). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem Eintrag im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS), der gemäss den Nutzungshinweisen des HLS unter der Lizenz Creative Commons – Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) steht. - ↑ a b Gemeindewappen. Auf der Webseite des Staatsarchivs des Kantons Thurgau, abgerufen am 8. Dezember 2019
- ↑ a b
Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden. Kanton Thurgau, 1850–2000 (Excel-Tabelle; 0,1 MB),
Wohnbevölkerung – Wohnbevölkerung der Gemeinden 1990, 2000, 2010 und 2011 (PDF; 1,3 MB) und
Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019 (Excel-Tabelle; 0,1 MB). Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau, abgerufen am 20. Juni 2022. - ↑ a b Die Ortschaften des Kantons Thurgau und ihre Wohnbevölkerung 2024. Kanton Thurgau, Dienststelle für Statistik, Frauenfeld, 2024, abgerufen am 12. Juni 2024.
- ↑ Eine Sekundarschule mit zwei Sportschulen ( des vom 29. April 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 27. Februar 2013.
- ↑ Thurgau in Zahlen 2021. (PDF) Auf der Website der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF; 2,4 MB), 15. Juni 2022, abgerufen am 25. März 2023.